Sozialpraktikum

oder wie es ist, einem Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern

Das Sozialpraktikum ist seit 1967 fester Bestandteil des Schulprogramms am Amos-Comenius-Gymnasium.

Die Schüler*innen der Jahrgangsstufe EF arbeiten während des vierwöchigen Praktikums selbstständig und unentgeltlich an unterschiedlichsten Stellen im sozialen Bereich. Unterstützung im diakonischen Sinn wird geleistet in Krankenhäusern, Seniorenheimen, Förderpädagogischen Einrichtungen (Schulen und Kitas), in Behinderteneinrichtungen sowie bei der Arbeit mit Geflüchteten.

Ein Team von drei Kolleginnen begleitet das Praktikum. Es findet eine intensive, mehrstufige Vorbereitung statt. Während und im Anschluss an die Praktikumszeit werden Erfahrungen und Eindrücke reflektiert und ausgewertet.

Zielsetzungen

Das Sozialpraktikum als prägender Bestandteil des Schulprofils strebt an

  • die „Herzensbildung“ im entscheidenden Reifungsprozess der Jugendlichen zu unterstützen,
  • den Lebensraum der Familie und Schule in die Gesellschaft hinein zu öffnen,
  • Begegnung mit sozialen Gruppen zu ermöglichen, die der Hilfe der Gesellschaft bedürfen,
  • Verantwortung und Hilfsbereitschaft zu wecken bzw. zu erweitern,
  • Selbstständigkeit zu fördern – von der Kontaktaufnahme mit der Stelle bis hin zur Bewältigung des „Arbeitsalltags“,
  • Einblicke und eine wertschätzende Haltung für soziale Arbeit zu gewinnen,
  • die Bereitschaft zum unentgeltlichen Einsatz zu fördern.

Veranstaltungen im Schuljahr

Mit Beginn eines Schuljahres setzen die Vorbereitungen für das Sozialpraktikum ein. Nach einer ersten einstimmenden Informationsveranstaltung für die Schüler*innen folgt ein Elterninformationsabend. Die Praktikumsplätze werden bei einer Veranstaltung in individuellen Gesprächen zugeteilt. Kurz vor Praktikumsbeginn gibt es eine praktisch orientierte Informationsveranstaltung sowie einen expertengeführten Vortrag zu dementiellen Erkrankungen.

Die konkreten Schritte der Praktikumsvor- und Nachbereitung sind im Terminplan abgebildet; weitere Unterlagen und Hinweise finden Schüler*innen im Moodle-Kurs „Sozialpraktikum“.

 

Stimmen aus dem Praktikum

Ich war sowohl Spielpartnerin als auch Autoritätsperson und habe das nicht als Spagat erlebt. Mir ist es gut gelungen, frei, offen und auf Augenhöhe mit den Kindern zu spielen und trotzdem respektvoll klare Grenzen zu setzen und mich als Autoritätsperson zu präsentieren. (Förderpädagogische Einrichtung)

Ich habe auf jeden Fall neue Fähigkeiten erlernt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so eine Verbindung zu Senioren aufbauen könnte, dass sie mir von ihren Sorgen erzählen wollen. Ich habe auch bemerkt, dass man mit viel Geduld viel mehr erreichen kann als ich dachte. (Seniorenheim)

In dieser Zeit habe ich gelernt, sehr freundlich und aufgeschlossen zu sein. Auch wenn die Bewohner*innen mal verwirrt waren oder traurig, habe ich versucht, sie zu beruhigen und sie zum Lächeln zu bringen. (Seniorenheim)

Ich habe im Hospiz gearbeitet, dadurch habe ich einen Einblick bekommen, wie die Gäste dort damit umgehen, an der letzten Station des Lebens zu sein. Unter Berücksichtigung dieser Situation und mit viel Verständnis habe ich mich sehr offen und herzlich gegenüber den Gästen verhalten. Ich habe schnell gelernt, wie wichtig es ist, gastbezogen zu handeln, und dass jeder Mensch komplett individuell handelt und ist. (Hospiz)

Der Rollenwechsel war für mich neu und ungewohnt, hat mir aber dabei geholfen, die Situation der Pfleger*innen zu verstehen und es hat mir auch die Erkenntnis gebracht, wie viel Aufwand es ist, sich um jemanden zu kümmern. (Seniorenheim)

Ich denke, dass man das verpflichtende Sozialpraktikum beibehalten sollte, da die Zeit eine erfahrungsreiche und intensive war, die ich, wenn das Praktikum freiwillig gewesen wäre, vielleicht nie gemacht hätte. Auch die Mitarbeitenden waren sehr dankbar, eine Praktikantin zu haben. (Förderschule)

Ja, das Praktikum sollte weiterhin Pflicht bleiben, da man vor dem Praktikum vielleicht noch Angst oder einfach keine Lust haben könnte. Ich würde das Praktikum gerne wieder machen und hätte es bereut, hätte ich es nicht absolviert. (Seniorenheim)

Im Praktikum war schnell klar, dass man nun selbst in einer Verantwortungsposition steht und viel mehr auf sein Handeln achten muss. Dieser Rollenwechsel war für mich aber sehr angenehm und interessant. Zum einen kannte ich diese Rolle noch nicht und zum anderen war ich mit meiner Arbeit freier und unabhängiger. (Sanatorium für dementiell Erkrankte)

Es sollte ein Sozialpraktikum bleiben, da solche Praktikumsstellen sonst wahrscheinlich nie oder nur selten ihre Erfahrungen teilen würden. (Förderschule)

Das Sozialpraktikum sollte verpflichtend bleiben, denn manchmal weiß man auch nicht so richtig, welches die eigenen Interessen sind. Außerdem würde man das Praktikum von sich aus nicht machen. (Integrative Kita)

Ich habe entdeckt, dass ich seit dem Sozialpraktikum keine „Angst“ mehr habe, fremde Menschen auf der Straße anzusprechen und meine Hilfe anzubieten. (Förderschule)

Das Sozialpraktikum sollte auf jeden Fall verpflichtend bleiben, weil es einen guten Ausgleich zur Schule darstellt. Zudem erweitern solche Erfahrungen – zumindest ist es bei mir so – den Blick auf die eigene Zukunft. (Sanatorium für dementiell Erkrankte)

 

Erfahrungsberichte:

Manchmal spielten wir auch Spiele auf seinem Tablet

Antonia Waldorf (Versorgungszentrum für schwerstpflegebedürftige jüngere Erwachsene)

Für mein Praktikum habe ich mir das Haus am Stadtwald in Schweinheim ausgesucht. Das Haus am Stadtwald ist ein Versorgungszentrum für schwerstpflegebedürftige jüngere Erwachsene, speziell mit erworbenen Hirnschädigungen.
Es gibt dort individuelle Therapien in den Bereichen Logotherapie, Ergotherapie und Physiotherapie, die von hauseigenen Therapeuten erbracht werden.
Meine Aufgaben im Praktikum waren u.a. das Spielen mit Bewohner*innen (Gesellschaftsspiele, wie z.B. Mensch ärger dich nicht oder Memory), ihre Begleitung von den Therapien wieder zurück in die Aufenthaltsräume oder das Gehen an einem (Motorrad) Stützfahrrad. Auch musste ich manchmal einen Rollstuhl putzen.

Ich bin oft mit den Therapeut*innen mitgegangen und habe bei den Therapien zugeguckt. Eine tägliche Aufgabe von mir war das Beantworten von WhatsApp-Nachrichten eines Bewohners. Dazu hat der Bewohner ein Tablet bekommen, das er mithilfe eines Touch Pens bedienen konnte. Dabei brauchte er allerdings Unterstützung, zum Beispiel beim Setzen der Leertaste oder beim Vervollständigen der Sätze. Meist kam er dann selbstständig vormittags zu mir und wir verbrachten ca. 30 Minuten Zeit miteinander. Manchmal spielten wir auch Spiele auf seinem Tablet oder ein Gesellschaftsspiel im Aufenthaltsraum.

Aus meiner Praktikumszeit habe ich einiges mitgenommen. Ich bin viel dankbarer für meine eigene Gesundheit, aber auch für die meiner Familie, Freunde, Mitmenschen. Dankbar bin ich vor allem auch dafür, selbstständig entscheiden und machen zu können, was ich möchte, ohne auf andere angewiesen zu sein.


 

Sterben muss wohl sein. Aber bitte in Würde!

Nora Weidenhaupt und Finn Ehninger (Hospiz)

Für unser Sozialpraktikum haben wir uns entschieden im Hospiz beim Waldkrankenhaus zu arbeiten. Je näher der Zeitpunkt rückte, desto mulmiger wurde uns zumute. Hatten wir uns richtig entschieden, dem Tod so nahe kommen zu wollen? Würden wir das schaffen, den sterbenden Menschen in den letzten Lebenstagen unterstützend zur Seite stehen zu können?

Wir waren dankbar für ein Vortreffen und eine Einweisung, was auf uns zukommen würde. Im ersten Gespräch erhielten wir einen Einblick in unsere Aufgaben und merkten relativ schnell, dass wir gut begleitet werden würden. Unsere Aufgaben bestanden unter anderem darin, hauswirtschaftlich zu unterstützen und Schritt für Schritt den Kontakt zu den Gästen des Hospizes auszubauen. Die Atmosphäre war gut, für fühlten uns nicht allein gelassen, in dem, was von uns erwartet wurde.

In den ersten Tagen wurde klar, so eine Kontaktaufnahme ist kein Selbstläufer. Die Gäste brauchen Vertrauen und Routine. Wir schauten jeden Tag in die Zimmer zur Begrüßung, boten unsere Unterstützung an für Spaziergänge, Gespräche, gemeinsame Aktivitäten wie Spiele etc. Nicht jeder Gast war gesundheitlich stabil genug, diese Angebote anzunehmen. Manchmal war es der gebackene Kuchen oder ein zubereiteter Tee, der angefragt wurde oder einfach nur ein Blick. Manche Gäste hatten weniger Besuch und freuten sich über tägliche Gespräche, so lange wie es eben noch gut möglich war. Einmal sagte ein Gast: „Es ist schön, nochmals ein paar Lebensweisheiten loszuwerden, bevor man geht.“ Es gab auch Verwandte, die sich einen Spaziergang mit dem Gast nicht ohne weitere Unterstützung zutrauten. Dann begleiteten wir sie.

Natürlich starben auch Gäste während des Praktikums, wir erlebten auch Traurigkeit. Das war nicht immer leicht. Doch haben uns alle Mitarbeiter des Hospizes wunderbar aufgefangen, uns viel erklärt und Dinge beigebracht. Das hat bei Vielem sehr geholfen.

Sterben muss wohl sein. Aber bitte in Würde!


 

Durch das Praktikum lernte ich viele verschiedene Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensgeschichten und Weltansichten kennen.

Julia Mann (Seniorenresidenz Rheinallee)

Das Sozialpraktikum – nun war es also auch für mich in diesem Jahr so weit. Für mich war schnell klar, dass ich gerne in ein Seniorenheim gehen möchte. So bewarb ich mich beim Sozialen Dienst der Seniorenresidenz Rheinallee. Nach einem kurzen Vorstellungsgespräch hatte ich die Zusage in der Tasche und schaute nun mit Vorfreude auf die kommende Zeit.
Am ersten Tag betrat ich mit Nervosität vor den bevorstehenden Aufgaben das Gebäude. Dort wurde ich sehr freundlich von den Mitarbeiter*innen begrüßt und anschließend herumgeführt.
Anfangs begleitete ich eine Mitarbeiterin des Sozialen Dienstes und lernte erste Bewohner*innen kennen. Meine Aufgaben bestanden hauptsächlich aus der Einzelbetreuung der Bewohner*innen, mit welchen ich häufig sehr interessante Gespräche über ihre Vergangenheit führen konnte. Auch begleitete ich das Gedächtnistraining und Vorlesen.
Dadurch lernte ich viele verschiedene Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensgeschichten und Weltansichten kennen, die mir sehr im Gedächtnis geblieben sind. Außerdem habe ich durch das Sozialpraktikum gelernt, dass man häufig erste Zweifel, Ängste und Vorurteile überwinden muss, um auf die Menschen zugehen und diese kennenlernen zu können.


 

… als die Kinder jedes Mal auf mich zugerannt sind …

Jette van Jüchems (Ev. Grundschule Meckenheim)

Für mein Sozialpraktikum habe ich mich dafür entschieden, an die evangelische Grundschule in Meckenheim zu gehen, da ich schon immer davon geträumt habe, Lehrerin zu werden. An meinem ersten Tag dort wurde ich der dritten Klasse zugeteilt und von den Schüler*innen sehr freundlich empfangen. 
Mein emotionalster Moment mit meinen Schüler*innen fand täglich in den Pausen statt, als die Kinder jedes Mal auf mich zugerannt sind, mit mir spielen wollten und mich nicht mehr losließen. 
Desweiteren habe ich mich sehr darüber gefreut, als ich bereits in meiner ersten Woche von mehreren Schüler*innen deren Freundebücher bekommen habe. 
In diesen Momenten wurde mir bewusst, wie schnell man eine enge Bindung mit Kindern aufbauen kann, denen man vor wenigen Tagen das erste Mal begegnet ist. 
Rückblickend war das Sozialpraktikum eine sehr schöne Erfahrung und ich bin dankbar, einen Einblick in das Lehrerleben bekommen zu haben. Aufgrund der letzten Wochen kann ich mir weiterhin sehr gut vorstellen, Lehrerin zu werden.